Wie Kläranlagen Energie aus Klärschlamm gewinnen.
Wenn Klärschlamm direkt vor Ort verwertet wird, bringt das gleich mehrere Vorteile: Es spart Kosten, reduziert Emissionen und nutzt die in ihm enthaltene Energie effizient.
Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Projekt Verklär², das wir als Forschungsinstitut fachlich mit begleitet haben, zeigt, wie dieser Weg auch für kleinere Anlagen realisierbar ist.
Hintergrund: Neue Anforderungen und alte Herausforderungen
Mit der Klärschlammverordnung von 2017 wurden schrittweise strengere Anforderungen an die Verwertung eingeführt. Ab 2029 dürfen größere Kläranlagen (> 100.000 Einwohnerwerten) Klärschlamm nicht mehr landwirtschaftlich verwerten. Ab 2032 gilt dies auch für Anlagen > 50.000 Einwohnerwerten. Kleinere Anlagen sind zwar aktuell noch nicht betroffen, doch viele Kommunen stellen bereits heute freiwillig auf alternative Verwertungsformen um.
Vor diesem Hintergrund hat die Stadt Haßfurt für ihre Kläranlage (27.500 Einwohnerwerte) gemeinsam mit Forschungspartnern und Herstellern eine dezentrale Lösung entwickelt und erprobt. Mit dem Ziel, Klärschlamm vollständig vor Ort thermisch zu verwerten und die dabei entstehende Energie lokal zu nutzen.
Technologischer Kern: Wirbelbefeuerung im Kleinanlagenmaßstab
Der zentrale technische Baustein ist eine speziell entwickelte Wirbelfeuerungsanlage, die Klärschlamm effizient und emissionsarm verbrennen kann. In Kombination mit einer passenden Abgasreinigung und Wärmenutzung entsteht daraus ein nahezu autarkes System für die Energieversorgung der Kläranlage.
Bereits im Probebetrieb zeigte sich:
- Die Verbrennung funktioniert stabil und innerhalb aller Emissionsgrenzwerte
- Die erzeugte Wärme wird vollständig zur Beheizung von Betriebsgebäuden und Faulturm eingesetzt
- Optimierungspotenziale im Anlagendesign wurden identifiziert und in die Weiterentwicklung eingebracht
Umsetzung unter realen Bedingungen – trotz widriger Umstände
Trotz Herausforderungen durch Pandemie, Preissteigerungen und Lieferengpässe wurde die Anlage Anfang 2025 in Haßfurt installiert. Seitdem läuft sie im Probebetrieb, die Genehmigung für den Dauerbetrieb steht kurz bevor. Die nächste Ausbaustufe – die Integration der Trocknung – befindet sich in Planung.
Vorteile für Kommune und Umwelt
Durch die Verwertung vor Ort werden Transportwege und extreme Entsorgungskosten reduziert. Das bedeutet
- weniger Verkehrsbelastung für Anwohner
- geringere CO2-Emissionen
- mehr Unabhängigkeit von externen Entsorgungsstrukturen.
Wie Bürgermeister Günther Werner betont, profitiert davon nicht nur die Stadt Haßfurt als Betreiber, sondern auch die Bevölkerung – etwa durch geringere Belastung der Zufahrtsstraßen.
Ausblick: Rückgewinnung von Phosphor und übertragbare Konzepte
Langfristig steht auch die Rückgewinnung von Phosphor aus der Klärschlammasche im Fokus. Die Voraussetzungen für eine spätere Nutzung als Düngemittel werden im Projekt ebenfalls mitgedacht – inklusive Einhaltung relevanter Grenzwerte.
Das Projekt zeigt zudem:
Kleine und mittlere Kläranlagen können mit der richtigen Technik und Kooperationsbereitschaft ihre Verwertungslösung eigenständig gestalten.
Das Interesse an der Anlage ist groß – auch über Deutschland hinaus. Für viele kleine Kommunen ohne Großstadtanbindung könnte das Konzept eine echte Alternative sein.
Weitere Informationen dazu finden Sie auch hier.